Kontakt aufnehmen

Über die Monate und Jahre in meinem Job sehe ich, dass ich oft nicht hinterher komme, E-Mails von Studierenden, Externen, Interessierten etc. zu beantworten. Genaueres Hinsehen zeigt, dass das meist solche E-Mails betrifft, die ungeschickt formuliert sind und nicht genau kommunizieren, warum genau ich kontaktiert werde, wer die kontaktierende Person ist oder was genau sie von mir möchte.

Weil sich hieran schnell eine implizite Selektion auf der Basis von Habitus, Klasse oder Herkunft entfaltet, möchte ich ein paar Beobachtungen aus meiner Perspektive teilen und Tipps für die Kontaktaufnahme zusammenstellen. Das sind alles Dinge, die ich auch selbst beachte, wenn ich zu anderen Menschen per E-Mail Kontakt aufnehme.

1. Kontaktaufnahme in Bezug auf Lehrveranstaltungen und Prüfungsleistungen

Wenn Sie an einer Lehrveranstaltung teilgenommen haben, benennen Sie diese und erwähnen Sie auch das betreffende Semester. Wenn es für den Vorgang relevant ist, geben Sie auch Ihre Matrikel-Nummer, die Lehrveranstaltungsnummer, das Prüfungsdatum, den Studiengang, in dem Sie eingeschrieben sind, an.

  • Nicht: “In Ihrem Seminar haben Sie gesagt, …”; “Ich benötige noch den Schein für die Teilnahme an der Vorlesung.” – Sondern: “Ich war Teilnehmerin Ihrer Vorlesung “Introduction to the Ethics of AI” im Wintersemester 2021/22.” Oder “Ich war Teilnehmer Ihres Seminars zu “Data Ethics” im Sommersemester 2020 an der TU Berlin.”)
  • Achten Sie darauf, dass Ihr vollständiger Name aus der E-Mail ersichtlich ist. Sie würden Sich wundern, wie viele Studierende ihren vollständigen Namen weder im Absender-Header konfiguriert habe noch unter die E-Mail schreiben. Siehe dazu unten.
  • Wenn Sie einen Schein wollen, schicken Sie bitte das vor-ausgefüllte Formular mit. Hintergrund: Für jeden Studiengang und jede Heimatuniversität gibt es unterschiedliche Formulare. Welches für Sie das richtige ist, wissen Sie besser als ich. Bitte schicken Sie es als PDF-Datei mit und füllen Sie alles aus, was Sie ausfüllen können.

2. Initiative Kontaktaufnahme

Wenn Sie mich zum Beispiel für einen fachlichen Austausch oder die Betreuung von Abschlussarbeiten und Dissertationen kontaktieren, beachten Sie bitte folgende Hinweise:

Sagen Sie genau, was Sie wollen

Machen Sie ihre E-Mail “actionable”. Eine E-Mail ist umso einfacher zu beantworten, je klarer ist, was genau gewünscht wird, so dass ich eindeutig und ohne viele Rückfragen entscheiden kann, ob ich das erfüllen kann oder nicht.

Häufig ist es auch entscheidend, dass das schon im ersten Absatz klar wird – stellen Sie Ihr Anliegen also der detaillierteren Ausführung voran.

Negativbeispiele aus der Praxis:

  • Eine Person, die zu “ähnlichen Themen” arbeitet oder einen bestimmten Text von mir gut findet, kontaktiert mich mit der Frage, ob wir “in einen Austausch treten wollen”.

    Das ist zu unkonkret – es ist nicht klar, was “Austausch” heißen soll. Welches Format? Wo/wie/wann? Welcher Kommunikationsrahmen? Warum? Wollen Sie mir Rückmeldungen zu meinem Paper geben oder wollen Sie, dass ich Ihnen Rückmeldung gebe? Wollen Sie einen Antrag zusammen schreiben, mich zu einer Diskussionsrunde einladen, oder …?

  • Eine Person schreibt, um sich “nach Möglichkeiten zur Mitarbeit in der Arbeitsgruppe” oder zur “Betreuung einer Abschlussarbeit” zu erkundigen.

    Bei solchen initiativen Anbahnungen hängt alles davon ab, ob Sie eine konkrete Idee mitbringen. Worüber wollen Sie arbeiten? Warum bei uns? Was genau wollen Sie von mir (Betreuung? eine Stelle? strategische Beratung?) und in welcher Form? Machen Sie klar, wie ich/wir von Ihnen und wie Sie von uns profitieren würden.

  • Wenn Sie mich als Zweitbetreuer oder Kommissionsmitglied für Ihre Dissertation gewinnen möchten, sollten Sie kurz schildern, worum es in Ihrer Dissertation geht (in der Mehrzahl solcher Anfragen schreiben die Kandidat:innen nichts über ihre Projekte). Ich nehme nur Betreuungsanfragen an, die im Bereich meiner Expertise liegen. Zweitbetreuungen nehme ich nur an, wenn die Anfrage so früh im Projektablauf kommt, dass ich noch Mitgestaltungsmöglichkeiten habe.

Sagen Sie, wer Sie sind

Stellen Sie sich kurz vor, wenn wir uns nicht kennen: Studienhintergrund, Studienort, fachliche Interessen, etc. Es kommt wirklich häufig vor, dass mich komplett unbekannte Menschen von anderen Universitäten kontaktieren, sich zum Beispiel nach Stellen oder Abschlussarbeiten erkundigen, und kein Wort darüber verlieren, wer sie sind.

Wenn wir bereits in Kontakt waren, stellen Sie den Bezug her

Wenn wir uns kennen oder irgendwann mal irgendwo gesehen haben, stellen Sie den Bezug her.

Wenn es um eine Lehrveranstaltung oder Prüfungsleistung geht, beachten Sie bitte den Punkt “Kontaktaufnahme in Bezug auf Lehrveranstaltungen und Prüfungsleistungen” unten.

Fügen Sie den vorherigen Mailwechsel (wenn er zum gleichen Thema war) als Zitat unter der E-Mail an.

Machen Sie klar, warum Sie ausgerechnet mich und nicht jemand anderen kontaktieren

Bei initiativen Anbahnungen ist es wichtig, dass Sie der Empfänger:in das Gefühl vermitteln, dass sie spezifisch die richtige Adressat:in der E-Mail ist. Warum kontaktieren Sie genau mich?

Häufige Fehler:

  • Es entsteht der Eindruck, dass dieselbe E-Mail parallel an viele andere Profs geschickt wurde;
  • ich fühle mich fachlich nicht zuständig, weil Sie sich nicht mit meiner Spezialisierung und meinen Themen beschäftigt haben und mich deshalb mit einem Anliegen kontaktieren, zu dem ich nichts sagen kann.

3. Allgemeine Hinweise zur Form

Wählen Sie einen aussagekräftigen Betreff

Die Überschrift spricht für sich. Negativbeispiele: “?”, “Frage”, “Betreuung”.

Konfigurieren Sie Ihren Absender-Header richtig

Es gibt häufig das Phänomen, dass E-Mails keinen aussagekräftigen Absender haben und deshalb schon vor dem Öffnen unseriös wirken oder in Spamverdacht geraten. Mit “Absender” meine ich den From-Header der E-Mail. Üblicherweise lautet er [Vorname] [Nachname] <Email-Adresse>. Beispiele für Absender-Header, die oft durchrutschen (alle Beispiele zur Anonymisierung verfälscht):

  • wpmue <wpmue@uni-osnabrueck.de> –> Machen Sie doch Wilhelm Peter Müller <wpmue@uni-osnabrueck.de> draus.
  • Lisa <l.mueller@web.de> –> Machen Sie doch Lisa Müller <l.mueller@web.de> draus.
  • Eli <em@hotmail.com> –> Machen Sie doch Elisabeth Müller <em@hotmail.com> draus.

Grundsätzlich gilt:

  • vorname.nachname@uni-XY.de ist seriöser als wpmue@uni-XY.de.
  • Setzen Sie Ihren vollen Namen ein, nicht nur den Vornamen, keine Spitznamen.
  • E-Mail-Adresse beim Uni-Account ist seriöser als andere Absender-Domains.
  • Für mich gilt außerdem: Wenn Sie sich z.B. für eine Promotion im Bereich kritische Philosophie der Digitalisierung bewerben möchten und mir von @googlemail.com, @icloud.com, @outlook.com, @hotmail.com schreiben, dann fällt mir das (nicht besonders positiv) auf.

Dateianhänge

Bitte schicken Sie Dateianhänge als PDF-Datei (keine Word-Dateien etc.) und achten Sie auf eine angemessene Gesamtdateigröße.

Fassen Sie sich kurz

Versuchen Sie, Ihr Anliegen in 1–2 Absätzen und auf maximal einer Bildschirmseite zu schildern. Stellen Sie das Wichtigste voran (worum es genau geht), entwickeln Sie danach erst die Details.

Angemessene Sprache

  • Geschlechtergerechter Sprache ist mir sehr wichtig und eine Grundlage für faire Zusammenarbeit.

  • Ich empfehle, eine dem Kontext angemessene Grußformel zu verwenden.

    Negativbeispiele: “Liebe Grüße”, “LG”, “MFG” lese ich als Professor oft von Studierenden. Wenn wir uns nicht kennen und es um eine rein formale Kontaktaufnahme geht, sind die ersten beiden aber nicht angemessen; die dritte (MFG) wirkt auf mich generell halbherzig. (Ausnahme: Es ist die dritte E-Mail, die wir kurz hintereinander wechseln; da kann man dann “Mit freundlichen Grüßen” schon mal durch “MFG” abkürzen, genauso wie man dann oft auch den Namen mit den Initialen abkürzt.)

    Verwenden Sie “Mit freundlichen Grüßen”, “Viele Grüße”, “Mit besten Grüßen”, “Mit herzlichen Grüßen” – hier in aufsteigender Reihenfolge der Verbindlichkeit und Emphase aufgelistet.

  • Wenn Sie unsicher sind, informieren Sie sich über die richtige Anrede von Professor:innen und wissenschaftlichem Personal. Mir ist das allerdings nicht besonders wichtig und Sie müssen mich nicht mit Professor anreden. Da es jedoch einige Kolleg:innen gibt, denen das wichtig ist, führe ich hier die Regeln an (zitiert aus dem Leitfaden von Michael Ahlheim und Mitarbeiter). Im Zweifelsfall empfehle ich, bei der ersten Kontaktaufnahme eine formale Anrede zu verwenden, danach auf die einfache Anrede zu wechseln.

    Die Anrede mit Titeln gerät zunehmend aus der Mode. Dennoch legen viele Menschen unausgesprochen Wert auf die Nennung ihres Titels, auch wenn sie dies nicht explizit zu erkennen geben. Hier kann man sich leicht Sympathien verscherzen, ohne es zu merken. Formal korrekt ist Folgendes:

    Wenn Sie einem Professor zum ersten Mal schreiben, schreiben Sie

    Sehr geehrter Herr Professor XY bzw. Sehr geehrte Frau Professor (oder auch: Professorin) XY

    Der Professoren-Titel wird bei der Anrede immer ausgeschrieben, bei einer Adressenangabe oder ähnlichem aber abgekürzt.

    Der Doktortitel wird in der Anrede nicht zusätzlich zu dem Professorentitel aufgeführt. In der (schriftlichen und mündlichen) Anrede wird immer nur der “höchste” Titel, in diesem Fall also der Professorentitel genannt. Anders ist das im Adressfeld eines Briefs oder bei unpersönlichen Nennungen (wie z.B. “Lehrstuhlinhaber ist Prof. Dr. XY”).

    Analog beginnen Sie ein Schreiben an einen wissenschaftlichen Mitarbeiter mit:

    Sehr geehrter Herr Dr. XY bzw. Sehr geehrte Frau Dr. XY

    Sonstige akademische Grade (Dipl-Vw., M.Sc., M.A. etc.) werden in der Anrede nicht aufgeführt. Sie können, wenn die Korrespondenz informeller wird, später den Professorentitel bzw. den Doktortitel auch weglassen, insbesondere natürlich nach Aufforderung.

4. Und wenn keine Antwort kommt?

Gestehen Sie mir bitte einen angemessenen Antwortzeitraum zu. Ich bekomme im Jahr ca. 8–10.000 E-Mails, es ist oft nicht leicht für mich, da hinterher zu kommen. Schicken Sie mir Ihre E-Mail gerne nach einer Woche erneut, wenn ich nicht antworte. Das stört mich überhaupt nicht und ist oft genau der richtige Stupser.

Sprechstunde

Wenn es Ihnen eilig ist oder es sich um eine komplizierte Anfrage handelt, kann es auch sinnvoll sein, anstatt einer E-Mail in meine Sprechstunde zu kommen. Diese kann man auch online besuchen, so dass Sie nicht in Osnabrück sein müssen.

Ist es besser, anzurufen?

Nein, im Allgemeinen ist es nicht besser, anzurufen, insbesondere wenn wir uns nicht kennen. Einzige Ausnahmen:

  • wenn das Anliegen eilig ist (innerhalb weniger Stunden erledigt werden muss),
  • wenn das Anliegen sehr vertraulich ist,
  • wenn wir bereits eine etablierte Kommunikationsbeziehung haben.

Weitere Ressourcen

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